Subscription-Modelle im sozialen Sektor – Wie die Krise den Strukturwandel treibt
Im sozialen Sektor wird traditionell viel Wert auf persönliche Kontakte und Partizipation gelegt. In den letzten Monaten musste bei Sozialunternehmen durch die Corona-Pandemie und den damit einhergehenden Kontaktbeschränkungen daher ein Umdenken stattfinden, um die gesellschaftliche Verantwortung weiter wahrnehmen zu können. Der Paradigmenwechsel von Beratung und Unterstützung vor Ort zu Online-Beratung , -Communities und Subscription-Modellen ist eine große Herausforderung für den sozialen Sektor insgesamt.
Strukturwandel im sozialen Sektor
Online-Plattformen wie ElternLeben.de, die als Sozialunternehmen Eltern online unterstützen, haben die Digitalisierung der Gesellschaft verinnerlicht und schlagen gleichzeitig eine Brücke zum Netz der lokalen und traditionell durch persönlichen Kontakt geprägten Institutionen und Angebote.
Als einer der Vorreiter für Subscription-Modelle im sozialen Sektor kann Gründerin und Geschäftsführerin Rose Volz-Schmidt den nötigen Strukturwandel bei Sozialunternehmen während und nach der Krise genau einschätzen.
Die Gründerin der wellcome gGmbH (das Sozialunternehmen hinter ElternLeben.de), mehrfach ausgezeichnete Social Entrepreneurin und Trägerin des Bundesverdientkreuzes zieht im Interview mit billwerk eine Bilanz der letzten Monate und erläutert, welche Veränderungen die Krise auf Subscription-Modelle im sozialen Sektor ausgelöst hat.
Interview mit ElternLeben.de-Gründerin Rose Volz-Schmidt
Die letzten Monate haben in unser aller Leben viel verändert – besonders natürlich im Leben der Kinder und Ihrer Eltern. Geschlossene Schulen und Kitas, Homeschooling, fehlende Betreuungsangebote etc. – wie würden Sie die letzten Monate für ElternLeben.de zusammenfassen?
Es waren anstrengende, spannende, aber auch inspirierende Monate. Mir war sofort klar, dass wir jetzt, in der Lockdown Zeit, besonders stark für Eltern da sein müssen – jeden Tag, rund um die Uhr. Denn wie sonst an den Feiertagen fehlten Eltern und Kindern die gewohnten alltäglichen Pausen von der Familie, in der jede und jeder seinem gewohnten Leben nachgehen kann. Eine Ausnahmesituation, mit geschenkter gemeinsamer Zeit – die aber auch zur Belastungsprobe werden konnte.
Welche konkreten Maßnahmen haben Sie im Laufe der letzten Wochen umgesetzt, wie hat sich ein Unternehmen im sozialen Sektor wie ElternLeben.de in der Corona-Krise verändert?
Wir haben zunächst viele Inhalte geschrieben, um Eltern verlässliche Informationen und Anregungen für ihren Alltag zur Verfügung zu stellen. Das Wissen der Virologen ist ja nicht geeignet, um beispielsweise mit Kindern über deren Ängste zu sprechen, einen strukturierten Familienalltag zu planen oder neue Spielideen zu bekommen. Neben vielen kostenfreien Angeboten haben wir unseren Shop erweitert. Und wir haben unsere Onlineberatung ausgebaut, eine Hebammensprechstunde eingeführt, einen Online-Rückbildungskurs angeboten sowie Live-Sprechstunden auf Instagram ausprobiert. ElternLeben.de ist mutiger geworden. Dabei war die erfreulichste Entdeckung, wie groß unser Netzwerk, unser Wissensschatz und unsere Erfahrung sind – und dass wir uns darauf verlassen können, wenn es darauf ankommt. Das Beste aber: die Eltern haben die neuen Formate gerne angenommen!
Haben Sie neben Anpassungen der Inhalte auch die Plattform oder das Service-Modell verändert?
Wir setzen stärker auf Kooperationen. So haben wir uns beispielsweise aktiv an einem Sprechstunden-Format von Procter&Gamble beteiligt, indem wir dort Elternfragen beantwortet haben. Und im Anschluss starteten wir dann gemeinsam mit Pampers die Kampagne #wunderbleiben, in der Eltern von Neugeborenen mit diversen Unterstützungsangeboten adressiert werden. Weitere Kooperationen sind in Planung, denn mit reichweitenstarken Partnern können wir Eltern sehr gut erreichen – und den vielzitierten social impact schaffen.
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel übernahm bereits 2007 die bundesweite Schirmherrschaft für wellcome. In allen Bundesländern, in denen es wellcome-Teams gibt, haben die Sozialminister/innen und Sozialsenatoren die Schirmherrschaft für wellcome übernommen. Haben Sie in den letzten Monaten hier besonders unterstützen können?
Die wellcome-Teams musste leider weitgehend ihre praktische Hilfe in Neugeborenenfamilien einstellen. Viele unserer Ehrenamtlichen blieben telefonisch in Kontakt mit „ihren“ Familien. Manche erledigten auch kleine Einkäufe, die sie dann vor die Tür stellten. Jetzt, in diesen Tagen, läuft die Hilfe aber wieder an.
Welche Vorteile hat das Angebot eines Subscription-Modells für Ihre Mitglieder und für sie als Plattform?
Wir sind ja ein gemeinnütziges Unternehmen, sodass wir die allermeisten Services kostenfrei anbieten. Dennoch benötigen wir die „schwarze Null“ am Jahresende, um überleben zu können. Derzeit leben wir noch hauptsächlich von Förderern und Spendern, aber die Premiummitgliedschaft als Abo soll künftig eine der Einkommenssäulen sein. Sie bietet vor allem Vorteile für Eltern, die uns schon in der Babyphase kennenlernen und die sich dann z.B. Rabatte beim Kauf von Handbüchern und anderen Produkten sichern wollen. Wir sind ja noch stark am Wachsen, sodass die eigenen Einnahmen durchaus zukünftig relevant sein werden. In monetärer Hinsicht wird es jedoch ohne die oben beschrieben Kooperationen nicht gehen. Neben dem B2C-Verkauf wird es B2B-Einnahmemodelle brauchen. Daran feilen wir jeden Tag – und das mit sehr viel Leidenschaft und einem langen Atem.
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Glauben Sie, dass die aktuell starke Nachfrage nach digitalen Angeboten einen Schub für Subscription-Modelle auslösen könnte?
Ich bin da eher skeptisch, da leider immer noch viel Content kostenfrei zu haben ist. Wir kennen das aus dem Lebensmittelhandel: nur wenige Kunden sind bereit, für mehr Qualität auch einen höheren Preis zu bezahlen. Normalerweise bezahlen User mit ihren Daten oder konsumieren Werbung, bei uns nicht. Wir haben anfangs gedacht, dass dies die User stärker honorieren würden. In jeder Userbefragung bekamen wir ernüchternd das gleiche Ergebnis: lieber kostenlos und dafür Werbung in Kauf nehmen oder Daten zur Verfügung stellen. Deswegen suchen wir nach vielen unterschiedlichen Einnahmemöglichkeiten, wie z.B. unserem Online-Rückbildungskurs oder unseren Handbüchern. Das Abo allein könnte ausreichen, wenn wir eine Millionen-Reichweite hätten. Aber wir wollen ja nicht auf dem Weg verhungern und suchen daher nach Alternativen und schreiben einstweilen weiter Stiftungsanträge.
Was sollten Ihrer Meinung andere Plattformen beachten, wenn sie ein Subscription-Modell anbieten möchten?
Die wichtigste Frage, die man sich stellen muss: wie bekomme ich die Reichweite, die ich brauche, damit sich mein Abo wirklich rechnet? Und auch: welche Kooperationen zahlen darauf ein? Das scheint mir aus heutiger Sicht am wichtigsten zu sein, um nicht zu 100% von Suchmaschinen abhängig zu sein.
Wie hoch ist Ihrer Meinung nach die Chance, mit attraktiven Gratis- oder Sonderangeboten Nutzer zu dauerhaften Premiummitgliedern auch in Nach-Corona-Zeiten zu machen?
Die Chance ist da – aber man muss sie auch wirklich nutzen. Und ohne Frage helfen Rabattaktionen oder auch Gewinnspiele z.B. auf Instagram weiter. Die Social Media-Arbeit gewinnt an Bedeutung, was man an den erfolgreichen InfluencerInnen gut erkennen kann. Ansonsten gilt: es muss einfach und zugleich attraktiv sein. In der bereits erwähnten wunderbleiben-Kampagne z.B. können sich Eltern ein kleines Booklet downloaden, was super funktioniert. Nun überlegen wir, wie wir unter den Vorgaben der DSGVO diese User weiter binden können. Da ist viel Kreativität gefragt – und auch mancher Umweg erforderlich.
Was ist aus Ihrer Sicht aktuell schon eine der wichtigsten Lehren, die Unternehmen mit digitalen Plattformen im sozialen Sektor aus dem Umgang mit der Krise ziehen sollten?
Qualität, Qualität, Qualität – ich denke schon, dass Nutzer, die in schwieriger Situation gut „bedient“ wurden, wahrscheinlich eher wieder zu uns zurückkehren, wenn sie erneut Antworten, Unterstützung oder Produkte suchen. Wer nur das schnelle Geschäft machen will, wird sich nicht lange halten können – es sei denn, er verfügt über unbegrenzte Marketingbudgets. Also: nicht nachlassen, sondern genauso engagiert und hochwertig weiterproduzieren.
Über Rose Volz-Schmidt
Rose Volz-Schmidt ist die Gründerin und geschäftsführende Gesellschafterin der wellcome gGmbH (das Sozialunternehmen hinter ElternLeben.de). Sie wurde dafür mehrfach als Social Entrepreneurin und auch mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
Über ElternLeben.de
Das Sozialunternehmen wellcome gGmbH, das hinter ElternLeben.de steht, hat die Online-Plattform für Eltern gegründet, um sie in allen Bereichen des Lebens zu unterstützen. ElternLeben.de bietet vielfältige Inhalte zu allen Bereichen des Elternlebens: Artikel, Video-Tutorials, Checklisten, Selbsttests, Interviews und vieles mehr. Zusätzlich bietet die wellcome gGmbH eine persönliche Online-Beratung mit schnellen Reaktionszeiten. In einer Online-Community können sich Eltern in geschütztem Rahmen untereinander und mit Experten zu Themen austauschen, die sie bewegen. Durch regionale Partner finden Nutzer Termine und praktische Hilfe vor Ort. So gelingt der Brückenschlag zurück ins Netz der lokalen Institutionen und Angebote. ElternLeben.de ist aber nicht nur eine Anlaufstelle in schwierigen Zeiten, vielmehr stellt es eine Begleitung für Familien im Alltag dar. Mit einer kostenlosen Basis-Mitgliedschaften erhält man freien Zugang zu einer begrenzten Anzahl an Inhalten, zur Online-Befragung und Community. Mit einer Premium-Mitgliedschaft erhält man für 19,90€ im Jahr zusätzlich Zugang zu hochwertigen Premium-Inhalten.
ElternLeben.de und billwerk
Das Subscription-Modell von ElternLeben.de wird mit der Subscription Management Software von billwerk verwaltet. billwerk gehört zu den Pionieren und Treibern der Europäischen Subscription Economy. Die Subscription Management-Plattform und Recurring Billing-Lösung ist made in Germany und gezielt auf die Bedürfnisse europäischer Konzerne und mittelständischer Unternehmen mit Subscription Business Modellen ausgelegt. Die offene Plattform automatisiert sämtliche Prozesse rund um die Vertragsverwaltung, die Rechnungsstellung sowie die Zahlungsabwicklung und bietet eine Vielzahl von Ready-to-use-Integrationen zu den wichtigsten Europäischen Payment Providern und anderen Cloud-Anwendungen – und dass unter Einhaltung strenger Europäischer Standards wie der EU-DSGVO und den GoBD.